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Prag: Maßnahmen gegen Übertourismus

Prag: Maßnahmen gegen Übertourismus

Das Titelbild stammt von Klaudyna (CC BY-SA 2.0).

Handelt es sich um „das übermäßige Wachstum der Besucher, das zu einer Überbelegung in Gebieten führt, in denen die Bewohner unter den Folgen leiden, die zu einer dauerhaften Veränderung ihres Lebensstils, des Zugangs zu Einrichtungen und des allgemeinen Wohlbefindens geführt haben“, dann sprechen Joseph Cheer, Claudio Milano und Marina Novelli vom sogenannten Übertourismus. Ein Phänomen, das rein gefühlsmäßig eher auf die Städte Barcelona, Amsterdam oder Venedig bezogen wird und dem Ergebnis der explosiven Zunahme der Billigflüge und Unterkünften im Airbnb-Stil entspricht, wie es The Guardian formuliert. Laut der Wirtschaftswoche tragen auch Faktoren wie die schnell wachsende Mittelschicht in China zum Übertourismus bei. Auch bilden Touristen, welche ihre Reiseziele anhand der Konsultation von Social-Media-Plattformen wie Instagram auswählen, ein nicht zu vernachlässigendes Segment.

Nun scheint der Übertourismus auch Prag erreicht zu haben. Eugen Kukla, ein Fotojournalist, der mit seiner Familie schon seit über 10 Jahren in ihrer Wohnung im Zentrum von Prag von touristischen Kneipentouren gestört wird, ist der Meinung, dass es immer schlimmer wird.

Dieser Trend berge die Gefahr in sich, langfristige Bewohner der historischen Innenstadt zu verdrängen und in eine reine Touristenzone zu verwandeln. Bereits existente Anzeichen dafür sind die Verbreitung billiger Souvenirläden, greller Massagesalons oder auch die Existenz von Tänzern in riesigen Panda Kostümen, die sich auf dem Altstädter Ring vermehrt aufhalten. Am drastischsten seien jedoch die kommerziellen Kneipentouren, die den zuvor ruhigen Charakter der Stadt dramatisch verändern würden.

Maßnahmen dagegen sind beispielsweise die Einsetzung eines Nachtbürgermeisters – namentlich Jan Štern. Er hat bereits mit Barbesitzern verhandelt und versucht sie davon zu überzeugen, nicht mit Kneipentouren zusammenzuarbeiten und eine Politik des Verbots von Außenlärm durchzusetzen, dass den Anwohnern Ruhe bringen würde.

The famous Charlesbridge in Prague can be seen from the riverside.
Beliebt bei Touristen – die Karlsbrücke / Karlův most. (Photo by: Andrey Korchagin / CC0 1.0)

Die Behörden sind beunruhigt und ließen verlauten, dass Touristen gegenüber härtere Maßnahmen ergriffen werden würden. Auch Pavel Čižinský, Bürgermeister von Prag 1, geht gegen Kneipentouren vor, indem er die Zeiten für den Alkoholkonsum begrenzt. Weiter fördert er Informationsfahrten, die Touristen dazu ermuntern sollen, anstelle von überbesuchten Attraktionen wie der Karlsbrücke abgelegenere Gebiete zu besuchen. Auch das World Travel and Tourism Council (WTTC) empfiehlt unter anderem als Strategie für vom Übertourismus betroffene Gebiete, touristische Ballungszentren aufzulösen, Übernachtungsplätze zu regulieren oder touristische Aktivitäten zu begrenzen (oder sogar zu verbannen). Des Weiteren helfe es, Preise an Angebot und Nachfrage anzupassen und die Besucherzahlen über einen größeren Zeitraum zu verteilen.

Auf Kneipentouren in Prags Altstadt wurden Leute beobachtet, wie sie beispielsweise obszöne Slogans auf die Lennonmauer des souveränen Malteserordens schrieben – was in einer Strafanzeige endete. Dies scheint jedoch bisher eher die Ausnahme zu sein: Bilder von lärmenden Gruppen, wie sie sich mit einem billigen Wodka-Willkommensgetränk zuprosten und Reiseleitern, die keiner Gruppe je Einhalt gebieten, auch wenn die örtlichen Gesetze nach 22 Uhr Nachtruhe in Wohngebieten vorschreiben sowie Polizisten, die keinerlei Strafen verhängen, sind vermehrt an der Tagesordnung.

Nicht nur Prag leidet unter dem Übertourismus: Budapest ist eine Stadt, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen scheint wie die Stadt der tausend Brücken – laut Daniel Nemet geht sie mit den Touristenströmen jedoch effektiver um als Prag. Allein von der Ernennung eines Nachtbürgermeisters, der wertvolle Informationen liefert sowie nützliche Handlungsanweisungen, könne die Stadt viel lernen.

2018 stiegen die Touristenzahlen laut der Welttourismusorganisation (WTO) um 6 % auf 1.4 Milliarden, wie die französische Onlinezeitung Le Quotidien du Tourisme berichtet. Angetrieben durch ein verstärktes Wirtschaftswachstum, günstigere Flugpreise, technologischem Wandel, neuen Geschäftsmodellen und dem immer leichter werdenden Zugang zu Visas auf der ganzen Welt hat sich das Wachstum in den letzten Jahren beschleunigt. Und glaubt man den Vorhersagen der OMT (Organisation Mondiale du Tourisme), wird sich das in absehbarer Zeit auch nicht ändern.

Bern: Polizei stürmt Reitschule

Bern: Polizei stürmt Reitschule

Am Freitagabend des 23. November 2018 stürmten mehrere Dutzend Polizeikräfte den Innenhof des autonomen Berner Kulturzentrums Reitschule. 15 Männer erhielten eine Anzeige – 13 aufgrund des Verdachts auf Drogenhandel und zwei weitere, weil sie den Einsatz behindert haben sollen. Unter den Männern befanden sich neun Nigerianer und je ein Iraker, Syrier, Sudaner, Marokkaner und Äthiopier. Verhaftet wurden schließlich vier der Männer, jedoch wegen illegalen Aufenthalts in der Schweiz.

Die Berichterstattung der beiden Parteien könnte nicht unterschiedlicher sein: Auf der einen Seite die Polizei, die von mehreren Personen spricht, welche sie bedrängt und im Einsatz behindert hätten. Eine unbekannte Person hätte sogar vom Balkon aus mit einer Steinschleuder auf sie geschossen. Die Mediengruppe der Reitschule hingegen behauptet, dass mindestens eine Person durch Gummigeschosse verletzt worden sei. Darüber hinaus sei der in der Reitschule befindliche Restaurantbetrieb „Sous le Pont“ stundenlang beeinträchtigt worden.

Dicke Luft herrschte aber schon zuvor. Bereits am 1. September 2018 kam es zu Ausschreitungen zwischen der Polizei und Besuchern der Reitschule, wo die Polizei laut ihren eigenen Angaben mit Wasserballons beworfen und mit Feuerwerkskörpern, Eisenstangen und Flaschen angegriffen worden sei, nachdem sie in Vollmontur bei der Reitschule patrouilliert hatte. Die Reitschüler hingegen sagen aus, dass mit Gummischrot auf Kopfhöhe auf sie geschossen wurde. Das Gummischrot sei mit Smileys und anderen Beschriftungen versehen worden, was den Verdacht einer geplanten Eskalation untermauere, schreibt die Mediengruppe der Reitschule. So etwas mache die Polizei nicht, hält Polizeisprecherin Jolanda Egger dagegen, denn das würde ihren Grundsätzen widersprechen. Der Einsatz würde dahingehend von der Polizei überprüft werden.

Das nachfolgende Video zeigt eine den Einsatz filmende Person, die mit Pfefferspray besprüht wurde:

Ob der Verdacht einer geplanten Eskalation berechtigt ist? Die Polizei selbst spricht von ihrer Strategie als einer „präventiven Präsenzmarkierung“, die sie aufgrund von sich häufenden Fällen von schweren Körperverletzungen in städtischen Ausgehvierteln als für notwendig erachtet. 

Laut Reto Nause, Sicherheitsdirektor der Stadt Bern und CVP-Politiker, ginge es nicht an, der Reitschule schlicht aus Angst vor Eskalation aus dem Weg zu gehen. „Rechtsfreie Räume darf es nicht geben“, konstatiert er und betont, dass auch nach Ausschreitungen an der Strategie der präventiven Präsenz festgehalten würde. Nause erhielt übrigens am selben Abend der letzten Vorkommnisse am 23. November, als er nach einem Konzert scheinbar zufällig auf dem Vorplatz flanierte, Hausverbot in der Reitschule. Worauf er mit Unverständnis reagiert: Schließlich würde der Staat das Kulturzentrum subventionieren, und überhaupt sei die Tatsache, aus einem öffentlichen Raum weggewiesen zu werden, ein Widerspruch. Dagegen kontert die Reitschule, dass das Stürmen eines Restaurantbetriebs auch nicht gerade von Toleranz und Dialog zeuge.

Im Zuge der Ereignisse wurde nicht zum ersten Mal der Wunsch nach Bodycams laut: die Minikameras am Körper der Polizisten sollen für transparentere Einsätze sorgen. Das Filmen im rechtlichen Rahmen ist  heute im Kanton Bern bei öffentlichen Veranstaltungen lediglich erlaubt, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es zu strafbaren Handlungen kommen könnte, vorhanden sind (so zum Beispiel bei unbewilligten Kundgebungen). Erst im April war eine unbewilligte Afrin-Kundgebung von der Polizei aufgelöst worden. Daraufhin hatte am 30. August 2018 das Berner Stadtparlament gegen den Willen Nauses eine unabhängige Untersuchung angeordnet.

Wer auch immer den ersten Stein geworfen haben mag: In der Bevölkerung gehen die Meinungen zum autonomen Kulturzentrum auseinander. „Schließt den Laden“, fordern diejenigen, welche in den Reitschülern vor allem nichtsnutzige Krawallbrüder sehen. Differenziertere Meinungen aber warnen vor der Verlagerung des Problems des Drogenhandels. Und was ist mit dem Straßenstrich neben dem Bundeshaus? Darüber würde auch niemand ein Wort verlieren, so die zynische Entgegnung eines anonymen Users. Die bisherigen Abstimmungsergebnisse sprechen eine deutlichere Sprache: Bereits fünf Mal hat die Berner Stimmbevölkerung über die Abschaffung des Zentrums abgestimmt, jedes Mal war sie dagegen. Das letzte Mal wurde der Verkauf des Gebäudes 2010 mit einer Mehrheit von 68.4% Stimmen abgelehnt. Ein klares Bekenntnis zu Toleranz und kultureller Vielfalt, freute sich Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP). 

Marseille: Häusereinsturz fordert acht Tote

Marseille: Häusereinsturz fordert acht Tote

„Es ist ein Wunder, dass es nicht jeden Tag Unfälle in Marseille gibt“, sagt ein anonymer Experte des TGI (Tribunal de grande instance de Marseille) unter Anderem in Bezug auf die Vorkommnisse am 05. November 2018 im Stadtteil Noailles, Marseille gegenüber dem belgischen Nachrichtenmedium Le Vif. Dort waren am Vormittag zwei marode Häuser eingestürzt, und hatten acht Menschen in den Trümmern unter sich begraben. Die Türen des ersten Hauses, welches bereits seit 2008 als baufällig eingestuft wird, waren zwar verriegelt oder zugemauert, doch von Nachbarn wird vermutet, dass sich Hausbesetzer dennoch einen Zugang verschafft haben. Im zweiten eingestürzten Haus, aus dem schon im September diesen Jahres Brocken der Fassade herausgebrochen waren, befanden sich neun Wohnungen, bewohnt von Paaren und Familien. Doch diese Häuser sind bei Weitem nicht die Einzigen, die sich in einem bedenklichen Zustand befinden. Eine staatliche Untersuchung des Jahres 2015 hat ergeben, dass 40‘000 Häuser (was circa 100‘000 Bewohner betrifft) „ein Risiko für die Gesundheit oder die Sicherheit“ darstellen. Im Stadtteil Noailles gelten gar 48 Prozent des Baubestandes als heruntergekommen und menschenunwürdig.

Der Zorn der Bewohner nimmt zu, berichtet Stuttgarter Nachrichten. Einerseits auf die Hausbesitzer, die selbst bei längst überfälligen Sanierungsarbeiten nur das Allernötigste zu tun pflegen; andererseits auf die Stadtverwaltung, die bei Renovierungsarbeiten der Häuser sowie auch beim Sozialwohnungsbau keinen Finger rührt. Wie francetinfo.tv schreibt, haben am 14. November 2018 bei einem Protestmarsch mit etwa 8000 Demonstranten Bürger, soziale Organisationen und Interessenverbände der Opfer gedacht. 

Der Mangel an Sozialwohnungen sei es auch, was viele Menschen dazu zwänge, in baufällige Häuser zu ziehen, meint Florent Houdmon gegenüber Le Vif, der sich für die Stiftung Abbé Pierre im Grossraum Marseille gegen Armut und Wohnungsnot einsetzt. Solche Zustände gäbe es nirgendwo sonst in Frankreich. Dass ausgerechnet die Häuser der Armen einstürzen, sei kein Zufall, dessen ist sich auch der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon von France Insoumise sicher, wenn er die Gedanken zahlreicher Bewohner Marseilles ausspricht.

Eine technische Erklärung für die Einstürze könnten die Tage zuvor aufgetretenen Regenfälle sein, welche auch für die Risse in den Wänden und eine nicht mehr in den Rahmen passende Haustür verantwortlich gemacht werden. Dennoch erklärt dies nicht die fehlende Umsetzung des bereits 20 Jahre zuvor beschlossenen Grundsatzes zur Sanierung, wie Patrick Lacoste von der Bürgerinitiative „Ein Stadtzentrum für alle“ gegenüber Le Vif klar stellt. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung. Jean-Claude Gaudin, seit 1995 Bürgermeister von Marseille, der aufgrund der Vorkommnisse stark kritisiert wurde, gab am Sonntag danach erstmals zu, nicht genug getan zu haben im Kampf gegen die heruntergekommenen Wohnverhältnisse. Einsicht als erster Schritt zur Besserung? Es wird sich zeigen. Bleibt zu hoffen, dass dieser Vorfall ein einmaliges Exempel bleibt, welches die Stadtverwaltung zum Handeln bringt.

Duisburg: Autonom fahrende Binnenschiffe?

Duisburg: Autonom fahrende Binnenschiffe?

Ist es ein Beitrag zur Lösung der Verkehrs- und Umweltprobleme? Bereits in 15 Jahren soll es autonom fahrende Binnenschiffe geben – so ließ dies am 31. 10. 2018 das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie des Duisburger Entwicklungszentrums für Schiffstechnik und Transportsysteme verlauten. Die Untersuchung  wurde für die Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet erstellt. Mit seinen Kanälen und Häfen wäre das Ruhrgebiet ein optimales Testgebiet für selbstfahrende Schiffe.

Indem die Güter großer Rheinfrachter statt auf Lastwagen auf kleinere, selbstfahrende Schiffe umgeladen werden, würden die Chancen auf Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Frachter erhöht werden, betont das Entwicklungszentrum. Doch es darf nicht vergessen werden, dass auch die Automobil-Industrie mit Hochdruck an autonomer Technik arbeitet. Und im Gegensatz zur Binnenschiffsfahrt wird die Autobranche von Milliardenkonzernen unterstützt.

Der Vergleich über die Jahre spricht ebenfalls eher gegen den Binnenschiffsverkehr: Letztes Jahr wurden 222 Millionen Tonnen über die Flüsse transportiert, vor zehn Jahren waren es noch fast 250 Millionen Tonnen. Im Jahr 2010 machte der Transport per Binnenschiff etwa 6% des gewerblichen Güterverkehrs aus, 9% wurden per Eisenbahn und 76% per Lkw befördert. Was den Eisenbahngüterverkehr angeht, so kann gesagt werden, dass dieser trotz jährlichem Wachstumsvolumen seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr richtig auf die Beine kommt.

Für Thomas Schlipköther, Vorstand des Duisburger Hafens für Technik und Betrieb, gibt es momentan ohnehin dringendere Probleme. So die extrem niedrigen Wasserstände, an die man sich anpassen müsse. Des Weiteren die Tatsache, dass heute noch immer viele Binnenschiffe mit alten Dieselmotoren durch die Flüsse tuckern. Ursula Heinen-Esser (CDU) forderte in diesem Zusammenhang in der „Rheinischen Post“ (1. 11. 2018) Umrüstprämien für Binnenschiffe. Zwar ist die Seeschiffsfahrt im Vergleich zur Binnenschiffsfahrt puncto Schadstoffemissionen weitaus schädlicher, da Schweröl verbrannt wird (bei Binnenschiffen handelt es sich meistens um Schiffsdiesel). Dennoch besteht bei der Binnenschiffsfahrt in Bezug auf die ausgestoßenen Luftschadstoffe seit Jahren deutlicher Nachholbedarf.

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