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Die wichtigsten News auf einen Blick – Unsere halbmonatliche Presserevue der Kalenderwoche 40. Diese Woche: Viel urbane Kultur aus Frankreich und ein Interview mit dem Stadtplaner Richard Sennet. Außerdem Nestkampf auf Kölns Schälsick-Seite, Extinction Rebellion in den Schlagzeilen und eine Zusammenfassung der Ereignisse in Hongkong der letzten Woche. Die wichtigsten, urbanen Nachrichten der Woche im Weekly Urbanauth.

Stadt und Mensch

Wie muss Stadtplanung sein?

In einem Interview mit Mediapart sprach der Stadtplaner, Philosoph und Soziologe Richard Sennett über die Hürden des Städtebaus, damals wie heute. Sein neustes Buch untersucht die Beziehung zwischen Stadt und Leben um zu verstehen, ob Stadtplanung die Gesellschaft so darstellen soll, wie sie ist, oder ob sie diese ändern soll, und wenn ja, wie. In der Frage, inwiefern sozialer, bescheidener Städtebau im Dialog mit den Bewohnern bei gleichzeitiger Berücksichtigung des globalen Kapitalismus möglich ist, findet sich ein zentraler Punkt des Gesprächs. Er stellt fest, dass es, berücksichtigt man die Absichten der Stadtplaner, von der Planung zur Realität stets einen langen Weg gegeben habe. So ist es ein Paradoxon, dass ausgerechnet der reaktionärste der „Großen Generation“, Baron Haussmann, Straßen und öffentliche Räume schuf, die sozial gut funktionierten. Über die Jahrhunderte macht Sennett eine gemeinsame Beobachtung: Die Form einer Stadt bestimmt nicht die Lebensformen, die sie annimmt. Am deutlichsten ist dies bei der in den 1950er Jahren gebauten brasilianischen Hauptstadt Brasilia ersichtlich. Um die geplante Form herum entstand eine größere, ärmere, chaotischere aber auch sozialere und wirtschaftlich intensivere Stadt.

Zum Projekt Gare du Nord in Paris merkt Sennet an, dass es einerseits ein Symbol für die Kluft zwischen Stadtplanung und der Art und Weise, wie Menschen tatsächlich leben, darstellt. Andererseits sei es aber auch symptomatisch für die ständig wachsende Bedeutung des Kapitalismus und des Grosskapitals für den heutigen Städtebau. Das Projekt ist viel zu groß und passt nicht in die Nachbarschaft.

Exportgut Centre Pompidou – Made in France now in Shanghai

Wie die englischen Onlinemagazine TheArtNewspaper und deezen berichteten eröffnet zum 8. November in Shanghai eine Zweigstelle des Centre Georges-Pompidou. Im Xuihui-Distrikt mit seinen zwölf Vierteln zieht das Museum an die Wasserseite vom Huangpu-Fluss. Mit der lokalen Verwaltung und der West Bund Group entwickelt, kam die französische Kooperation zum ersten Mal 2007 zur Sprache. Das Gebäude, welches ein Seitenflügel des West Bund Museums ist, wurde von dem Architekten David Chopperfield entworfen. Bis 2025 sollen sich zeitgenössische westliche und asiatische Kunst im Centre Pompidou x West Bund Museum treffen.

Das ursprüngliche Centre Georges-Pompidou in Paris wurde 1977 im Herzen des Viertels „Le Marais“ eröffnet und von den Architekten Renzo Piano und Richard Rogers entworfen. Das Museum welches nach dem französischen Präsidenten Georges Pompidou (1969 – 1974) benannt ist, beherbergt neben TMOMA in New York und Tate in London die weltweit wichtigsten und größten zeitgenössischen Kunstsammlungen. Die Zweigstellen bieten dabei eine hervorragende Möglichkeit, die ansonsten nur zwischen-gelagerten Meisterwerke der Öffentlichkeit zu zeigen. In 2010 eröffnete in Metz ein erster Ableger, welchem 2015 dann der Nächste in Malaga, Spanien folgte. Neben dem Centre Pompidou x West Bund Museum wird 2020 ein weiterer Ableger in einer ehemaligen Automobil-Garage in Brüssel entstehen.

Die Banlieues von Paris zeigen ihre Kunstschätze!

Trésors des Banlieues“ – Schätze der Vororte, so heißt die Kunstaustellung welche am 4. Oktober im Vorort Gennevilliers, von Frankreichs Hauptstadt stattfindet. Bis zum 30. November werden 260 Kunstwerke aus über 50 Vororten von Paris ausgestellt. Der Öffentlichkeit werden die Werke in der Halles des Grésillons präsentiert. Von einer Vielzahl an Expressionisten wie Chagall zu zeitgenößischem Street Art mit Miss Tic, die Banlieues haben einiges zu zeigen. Auf zeitgenößische Kunst gerichtet, werden Werke von Ende 19. Jahrhundert bis in modernere Zeit ausgestellt. Um das Kernthema der industrialisierten Stadt wird dabei die Geschichte von Gennevilliers angesprochen. Die einst landwirtschaftliche, später dann von prekären Armutsvierteln geprägte Banlieue, kannte einen rasanten Wandel und steht heute kurz vor dem Zusammenschluss zum Grand Paris.

Die künstlerischen Strömungen von Vergangenheit und Gegenwart zu durchqueren, um zu versuchen, eine Antwort auf das zu skizzieren, was die Banlieues so einzigartig macht.

Noel Corret – Hauptkuratorin der Ausstellung „Trésors de Banlieues“

Die Instandsetzung der 1980 gebauten und leerstehenden Markthalle im Viertel „Les Grésillons“ oblag dem französischen Architekten Patrick Bouchain. Dieses Jahr mit dem Grand Prix d’Urbanisme für sein Lebensschaffen ausgezeichnet, ist der 1945 geborene eine Ikone der französischen Architektur. Neben seiner Teilnahme bei der Gründung der École nationale supérieure de Création industrielle (ENSCI-Les Ateliers) Anfang der 80er Jahre, ist er vor allem für seine menschennahe Herangehensweise bekannt, welche die Bewohner in den Prozess der Erneuerung von urbanen Räumen versucht miteinzubeziehen. Für die Gestaltung des Innenbereiches war das Kollektiv „Au fond à gauche“ verantwortlich, welche durch ihre Wahl von Schifffahrts-Containern an die Geschichte der Hafenstadt anknüpfen.

Nestkampf auf Kölns Schälsick-Seite: Dieselstraße 15

Nach den TuMalWat-Tagen in Berlin geht der Nestkampf weiter. Vom Osten Deutschlands in den Westen nach Köln-Kalk. Ein seit Jahren leerstehendes Haus auf der Schäl Sick-Seite Kölns wurde am dritten Oktober für zwei Tage besetzt. Die politische Besetzung der Dieselstraße 15 welche nach zwei Tagen von der Polizei geräumt wurde, ging von der Initiative „Nestkampf“ aus. Diese hatte Anfang Mai bereits zwei leerstehende Gebäude in der Loestraße mit Bannern behängt, um auf Gentrifizierung aufmerksam zu machen. Den Aktivisten zufolge stünden dort 120 Wohnungen leer. Während der Räumung der Dieselstraße 15 wurden 22 Personen in dem Gebäude von der Polizei angetroffen. Drei davon wurden anschließend auf eine Polizeiwache gebracht.

Hongkong – Ein Vermummungsverbot schürt die Wut

Vergangenen Samstag kam es wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit brennenden Barrikaden und Verwüstungen von sowohl Metro-Stationen als auch Geschäften. Aus diesem Grund waren einige Supermärkte geschlossen und die Metro für einen Tag außer Betrieb genommen worden.

Carrie Lam, Regierungschefin der Sonderverwaltungszone Hongkong, griff auf das Notstandsgesetz aus der Kolonialzeit zurück und sprach ein Vermummungsverbot aus. Dieses verbietet das Tragen von Masken bei Demonstrationen. Das von der Regierungschefin erlassene Gesetz wurde ohne Zustimmung des Parlaments erlassen. Carrie Lam kann mithilfe der Notstandsverordnung „Vorschriften jeder Art erlassen, die sie im öffentlichen Interesse für wünschenswert hält“.

Die pro demokratische Gruppierung in Hongkong hat das Gesetz zum Vermummungsverbot angegriffen und bewirkt, dass es gegen Ende dieses Monats vom Supreme Court richterlich überprüft wird. Demonstranten nutzen Masken, um zum einen unerkannt zu bleiben und sich zum anderen vor Tränengas zu schützen.

Die Regierung von Peking unterstützt Carrie Lam’s Vorgehen. Die seit über 4 Monaten andauernden Proteste finden aufgrund eines sehr umstrittenen Auslieferungsgesetzes statt und nehmen an Intensität immer weiter zu. So droht Carrie Lam inzwischen mit einem Einschreiten des chinesischen Militärs, sollte sich die Lage nicht bald entspannen.

Extinction Rebellion

Extinction Rebellion (kurz XR; englisch ‚Rebellion gegen das Aussterben’) ist eine weltweite, Klima-Bewegung, die sich mit Mitteln des zivilen Ungehorsams[1] gegen das Massenaussterben von Tieren und Pflanzen und
das mögliche Aussterben der Menschheit als Folge der Klimakrise und der Vernichtung von Lebensraum einsetzt.“

Ursprünglich kommt die Bewegung aus Großbritannien, hat allerdings aktive Ableger in vielen größeren europäischen Städten, sowie den USA, Canada und Australien. Mehrere hundert Umweltaktivisten von Extinction Rebellion haben am Samstag, den 05.10.2019 eine Shopping-Mall im Südosten von Paris besetzt, sie wollen damit auf die Untätigkeit der Regierung in Sachen Klimakrise aufmerksam machen. Das Einkaufszentrum „Italie 2“ im 13. Arrondissement solle so lange wie möglich besetzt werden, teilte Extinction Rebellion in Frankreich auf Twitter mit. Nach 18 Stunden wurde die Besetzung des Einkaufszentrums wieder abgebrochen. Die Besetzung fand gemeinsam mit der Bürgerbewegung „Verité pour Adama“ und Gilets Jaunes statt.

Am Samstag, den 05.10.2019 wurde in Berlin vor dem Kanzleramt ein Klimacamp errichtet. Dort sind tausende Menschen zusammengekommen. Es werden Vorträge, Workshops, Berichte von Betroffenen und Filmvorführungen gezeigt. Ab Montag wurde auch der Verkehr in der deutschen Hauptstadt behindert. Extinction Rebellion rief dazu auf, das Auto stehenzulassen. Forderungen der Gruppe sind unter anderem die Ausrufung des Klimanotstandes und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis 2025 auf null.

Dies scheint jedoch nur ein Auftakt zu sein, denn ab dem 7. Oktober wurde weltweit zu zwei weiteren Protestwochen aufgerufen.

Dieser Artikel ist in Englisch und Französisch verfügbar.

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