Der 1. Dezember 2018 wird der französischen Bevölkerung lange in Erinnerung bleiben. Inmitten des dritten Aktes der Gelbwesten-Bewegung, kam es in ganz Frankreich zu schweren Unruhen. Von zerstörten Mautstellen auf der Autobahn zu einer angezündeten Gendarmerie und der kurzzeitigen Übernahme des Arc de Triomphe. Überall in Frankreich brachen an diesem Tag heftige Aufstände aus.
Urbanauth hat die Gelbwesten Bewegung vom 1. Dezember 2018 bis zum 1. Mai 2019 während einem halben Jahr dokumentiert und fotografisch festgehalten. Die Dokumentationsarbeit fand in Paris statt. Dieser Artikel gibt einen Rückblick auf den 1. Dezember 2018, als es in ganz Frankreich zu schweren urbanen Unruhen kam.
Der 1. Dezember 2018 als Paris unter den Gilets Jaunes brannte: In allen großen Ballungsräumen Frankreichs, insbesondere in Paris, brachen zeitgleich schwere Unruhen aus. Vor allem das 8. und 9. Arrondissement waren zeitweise gänzlich in der Hand der Protestierenden.
1. Dezember 2018: Zum dritten Akt der Gilets Jaunes Bewegung urbane Unruhen in ganz Frankreich
Am Stärksten betroffen: die Hauptstadt. Die schockierenden Bilder vom Arc de Triomphe im 17. Bezirk, gingen um die Welt. Als Paris brannte…
Und der Bahnhof Saint Lazare sogar kurzzeitig drohte in die Hände der Gilets Jaunes zu fallen.
Paris unter den Gilets Jaunes am 1.Dezember 2018 war im Ausnahmezustand! Doch nicht nur dort fand der Aufstand der Gilets Jaunes statt.
Hunderte Kilometer entfernt wurde zur selben Zeit die Mautstelle La Croix-du-Sud sowie das anliegende Kommissariat der Gendarmerie der südlich-gelegenen Kleinstadt Narbonne in Brand gesteckt.
Doch auch in der Stadt Puys-en-Velay im Departement Auvergnes Rhônes-Alpes kam es zu außergewöhnlichen Unruhen. In dieser Kommune mit einem Einzugsgebiet von 75.000 Einwohnern wurde die Präfektur belagert und schlussendlich teilweise in Brand gesetzt. 70 Menschen wurden verletzt, davon vier Demonstranten schwer, sowie 18 Polizeibeamte.
Ankunft an Madeleine und erster Kontakt mit der Gilets Jaunes Bewegung
Am stärksten wüteten diese urbane Unruhen in der Hauptstadt Frankreichs. Der 1. Dezember 2018 legte die Weichen für die nächsten turbulenten Monate. In den schönen Vierteln des 9. und 17. Arrondissement fanden dabei an diesem Tag die stärksten Unruhen statt. Die Bilder des Arc-de-Triomphe in den Händen der Gelb-Westen brannte sich dabei besonders stark ins kollektive Gedächtnis ein.
Dieser zu Zeiten von Napoleon erbaute Triumphbogen, wurde für einen Tag zum Schauplatz von Straßenschlachten zwischen den Ordnungskräften und Gilets Jaunes. Zwischen Barrikaden und Sachbeschädigungen wurde dabei eines durch sein Wortspiel besonders bekannt: „Les Gilets-Jaunes triompheront“ / „Die Gelb-Westen werden siegen“. Dennoch befanden sich an den Wänden des Monumentes ein weiteres, weniger beachtetes Tagg. Doch nichtsdestotrotz von Bedeutung: „Justice pour Adama“.
2016 starb Adama Traoré in Beaumont-sur-Oise nach einer Polizeikontrolle an seinem 24. Geburtstag durch Erstickung. Seitdem kämpft das Kollektiv Verité pour Adama dafür, dass die zu dem Zeitpunkt anwesenden Polizisten angeklagt werden. Der Kampf von Asa Traoré, der Schwester des Verstorbenen hat inzwischen internationale Bekanntheit erlangt.
Die Gelbwesten-Bewegung nicht rechtsextremen Gruppierungen überlassen: Durch die Mobilisierung der „Quartiers Populaires“ mit den Gilets Jaunes durch das Kollektiv, nahm die Sozialbewegung an diesem Tag einen zusätzlichem Schwung.
Mein erster Eindruck der Gilets Jaunes in Paris: „C’est bordélique„ (- Es ist chaotisch)
Die Gilets Jaunes liefern sich Straßenschlachten auf dem Boulevard de Malesherbes
Für mich war dieser Tag der Beginn einer halbjährigen Fotographischen Dokumentationsarbeit über die Gilets Jaunes Bewegung in Frankreich und dem Fokus auf Paris.
Es ist ein grauer Nachmittag in der Hauptstadt von Frankreich. Durch Zufall besuche ich meinen ersten französischen Demonstrationsprotest.
Der 1. Dezember 2018, als Paris brannte.
„Unter den Pflastersteinen der Strand„: Der 1.Dezember 2018. Die Gilets Jaunes in Paris und ein Relikt der 68er
Die Versammlung auf dem Boulevard wird unter starkem Einsatz von Polizeigewalt aufgelöst. Die Seitenstraße auf dem rechten Bild wurde schlussendlich ebenfalls gänzlich in einen Nebel von Tränengas getaucht. (CC-BY-NC-3.0 / Urbanauth / VG / Paris / 2018)
Paris: Der Boulevard Haussmann brennt. Barrikaden blockieren die Straßen.
Polizeigewalt gegenüber den Gilets Jaunes am 1. Dezember 2018 in Paris und Frankreich
Während der Sozialbewegung der Gilets Jaunes in Frankreich wurden viele Demonstranten, Polizeibeamte, aber auch Passanten verletzt. Doch die Anzahl der Kollateralschäden am 1.Dezember 2018 übertraff alles bisher Gekannte. Ob verletzte Demonstranten, Polizisten oder unschuldigen Beteiligten, von Paris bis nach Marseille. Die sozialen Medien wie Twitter und Facebook halfen dabei eine Vielzahl an Vorfällen bekannt zu machen.
Das Ausmaß der Polizeigewalt wurde dem unabhängigen Journalisten David Dufresne schnell klar. Schockiert von den Geschehnissen beginnt er ein Rechercheprojekt. Mit „Allô Place Beauveau“ archivierte er die Polizeigewalt auf den sozialen Medien während der Sozialbewegung der Gilets Jaunes.
Für den 1. Dezember belegte er 64 weitere Fälle in den verschiedensten Städten Frankreichs.
Polizeigewalt an Gilets Jaunes: Der Vorfall in einem Fast-Food Restaurant
Darunter ein sehr gewalttätiges Video in einem Burger-King Restaurant. Es ist nach Anbruch der Dunkelheit. Die Unruhen seit dem Vormittag voll in Gang. Ein paar Demonstranten suchen Zuflucht in einem Fast-Food Restaurant. Das folgende Video enthält gewalttätige Szenen und wurde Urbanauth zur Verfügung gestellt.
Der Journalist Nicolas Mercier filmt die Szene für sein Medium Hors Zone Press von der Straße aus. Die Anwesenden bekommen Hiebe mit Schlagstöcken und werden übel zugerichtet. Späteren Berichten zufolge wurden die Demonstranten anschließend von am Eingang stehenden Beamten geschlagen.
Nicolas Mercier selbst wird in seinen Aufnahmen von einem Polizeibeamten aufgefordert den Bereich zu verlassen. Nachdem er sich als Journalist zu erkennen gibt und darauf besteht seiner beruflichen Pflicht nachzugehen, bekommt er einen Fußtritt ab.
Der Angriff auf die Pressefreiheit in Form von Einschüchterungen und Gewaltanwendugen durch Polizeibeamte an Journalisten hat während der Gilet Jaunes Bewegung zugenommen.
In unserem Artikel „Paris: Ist die Pressefreiheit in Gefahr?“ gingen wir dieser Frage nach. Dies geschah im Anschluss der Geschehnisse vom 18. Akt der Gilets Jaunes im März an der Place de la République. Während diesem wurde der unabhängige Videojournalist Gaspard Glanz von einer Tränengasgranate getroffen und landete anschließend in der Gefangenensammelstelle.
Ein ähnliches Schicksal erlitt sein Kollege Alexis Kraland. Ihm wurde sein Foto-Equipment beschlagnahmt und er landete ebenfalls kurzzeitig in Haft.
Zineb Redouane, das erste Todesopfer der Gilets Jaunes Bewegung
Ungeklärt wird der Tod einer 80-Jährigen Dame in Marseille bleiben. Als Außenstehende hatte sie nicht an der Demonstration teilgenommen. Während die Stimmung in der Straße immer hitziger wurde, war sie bei sich daheim und telefonierte mit ihrer Tochter. Beim Versuch ihre Fensterläden ihrer Wohnung im vierten Stock zu schließen, bekam sie ein verirrtes Tränengasgeschoss ins Gesicht. Mit schweren Brandverletzungen wurde sie ins Krankenhaus eingeliefert, verstarb jedoch wenige Tage danach an ihren Verletzungen. Doch als offizielle Todesursache wurde nur der operative Schock vermerkt.
Einem am 20. Mai 2020 veröffentlichteter Ballistikbericht befreit die Beamten von jeglicher Schuldzuweisung. Den vertraulichen Bericht konnten Journalisten von LeMonde und LeParisien einsehen.
Quellenangaben:
1. Der Angriff auf die Mautstelle La Croix du Sud/ Narbonne 1. Video / 2. Video
2. Der Angriff auf die Präfektur von Puys-en-Velay 1. Quelle / 2. Video
3. Der Angriff auf den Arc de Triomphe CLPress & Tags
4. Einsatz von Tränengas und LBD40 am 1. Dezember Liberation
5. Der Tod von Zineb Redouane Le Mediapresse
6. Zahlen zu den Verletzten von David Dufresne / Allô place Beauveau
Der Artikel wurde zum ersten Mal am 1. Dezember 2020 veröffentlicht. Da diese Geschehnisse vergangen sind, erlauben wir uns den Artikel zurückzudatieren (auf den 1. Dezember 2018)