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Weekly Urbanauth 33: E-Roller Verbot, sterbende Innenstädte in England und ein französischer Journalismus der in der Krise steckt

Weekly Urbanauth 33: E-Roller Verbot, sterbende Innenstädte in England und ein französischer Journalismus der in der Krise steckt

Die wichtigsten News auf einen Blick – Unsere wöchentliche Presserevue der Kalenderwoche 33. Verbot von E-Rollern in Mailand, sterbende Innenstädte in England, bald neue Hausbesetzungen in Berlin, sowie der französische Journalismus der in der Krise steckt – Unsere Zusammenfassung der wichtigsten Nachrichten.

Stadt und Mensch

Sterben Englands Innenstädte aus?

10,3 Prozent lautet die alarmierende nationale Leerstandsquote vom Juli. Damit erreicht die Zahl der leeren Geschäfte in den Innenstädten Englands laut dem BRC (British Retail Consortium) Springboard-Frequenzmonitor seit 2015 den höchsten Stand, so berichtet Independent.

Laut Helen Dickinson, Chief Executive des BRC, waren die Einzelhändler mit einem herausfordernden Umfeld konfrontiert. Vielfach ausserhalb der Stadt gelegene Retailparks würden erfolgreich die Lücke zwischen Komfort und Erfahrung, welche immer mehr die Verbrauchernachfrage dominiere, schliessen. Zugängliche Einkaufsumgebungen mit kostenlosen Parkplätzen und einfachen Click-and-Collect-Möglichkeiten für Online-Einkäufe würden kombiniert mit Cafés, Restaurants und möglicherweise sogar Freizeiteinrichtungen – was zu einem verbesserten Erlebnis führe.

So schnitten ausserhalb gelegene Shopping Malls im letzten Monat mit einem Anstieg der Besucherzahlen von 1,2 Prozent besser ab als dies bei den Frequenzen der Hauptstrassen der Fall war: Diese ging im vergangenen Monat um 2,7 Prozent zurück, währenddem die innerstädtischen Einkaufszentren einen noch grösseren Verlust von 3,1 Prozent zu verzeichnen hatten.

Hauptstrassen und Stadtzentren spielen eine wichtige Rolle in den lokalen Gemeinschaften, sagt Dickinson und fügt hinzu, dass „wir uns über den Anstieg der leeren Ladenfronten Sorgen machen sollten“. Es brauche einen sofortigen Zinssenkungsstopp und die Festsetzung der Übergangshilfe.

„QueerUnity“ – Ein Novum für Niedersachsen

Wie die Taz berichtete soll es bald ein queeres Jugendzentrum in Hannover geben. Initiator des Projektes ist der Verein Andersraum, welcher bereits ein queeres Zentrum leitet und die Jugendlichen betreute. Jedoch war das Angebot zwecks des Mangels an Platz und Mitgestaltung eingeschränkt, weswegen es bald eigene Räumlichkeiten für queere Jugendliche geben wird. Die Stadt Hannover sagte einer Unterstützung von 50.000 Euro zu, wobei alle Parteien ausser der rechtsgerichteten AfD das Projekt willkommen hiessen. Der Name „QueerUnity“ wurde dabei von den Jugendlichen ausgewählt und soll ihnen auf 120m² einen Schutzraum zur freien Entfaltung geben. Eine sinnvolle Massnahme, da queere Jugendliche in ihrem Alltag an vielen Orten Diskriminierungen ausgesetzt sind.

Hong Kong – Trump droht mit wirtschaftlichen Maßnahmen für Peking und ein Mitarbeiter des britischen Konsulats wird vermisst

Die Proteste in Hongkong dauern weiter an und nachdem letzte Woche der Hongkonger Flughafen für 48 Stunden gesperrt war und fast tausend Flüge gestrichen worden sind, warnt Trump die chinesische Regierung vor einem gewalttätigen Einschreiten gegen die Demonstranten. Er twitterte am 14. August, dass er sicher sei, falls der chinesische Präsident Xi das Hongkong-Problem schnell und human lösen wollen würde, könne er das. Außerdem ließ Trump am 18.August verlauten, dass es für ihn „sehr schwierig“ sei sich auf ein Handelsabkommen mit China zu einigen, falls Xi keine friedliche Lösung für die nun schon seit fast 3 Monaten andauernden Proteste in Hongkong finde. Angesichts zunehmender Polizeigewalt und willkürlichen Verhaftungen, sowie Truppenbewegungen nahe der Grenze zu Hongkong, stellt sich tatsächlich die Frage, wie weit China gehen wird. So soll die chinesische Regierung mit dem Verschwinden eines britischen Konsulatsmitarbeiters in Verbindung stehen, wie die britische Zeitung „The Guardian“ berichtete. Der Mann wird seit dem 8. August vermisst, seitdem er nach einem Treffen im südöstlichen Teil Chinas gelegenen Shenzhen die Grenze zu Hongkong überschreiten wollte. Das Verschwinden des Mannes steht wohl im Zusammenhang mit der Warnung Pekings, London solle sich nicht in die aktuelle Lage einmischen.

Stadt und Mobilität

Mailands E-Scooter müssen vorerst weichen

Mit Ausnahme von privat genutzten E-Tretrollern müssen alle andern, von Sharing-Anbietern bereitgestellten Scooter innert drei Tagen aus dem öffentlichen Raum entfernt werden, lautete die Anweisung der Kommunalverwaltung am 14. August. Diese Information wurde von einer Pressesprecherin gegenüber der deutschen Presse-Agentur nach einem Bericht der Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera bestätigt, und im Tagesspiegel veröffentlicht.

Bis zur Wiederaufnahme der Tretroller-Vermietung brauche es weitere Regelungen, die in den kommenden Wochen ausgehandelt werden sollen – um ein sicheres Angebot zu schaffen. Bisher ist das Fahren dieser Vehikel auf maximal sechs Stundenkilometer in der Fussgängerzone beschränkt. Künftig sollen sie aber auch auf Fahrradwegen oder in 30er Zonen mit bis zu 20 km/h herumrollen können (unter Voraussetzung einer genügend grosser Anzahl an Hinweisschildern).

In Paris ist der Gebrauch von E-Tretrollern ebenfalls eingeschränkt. Auf Gehwegen sind sie nicht mehr zugelassen. Anfang August schrieb der Tagesspiegel, dass auch die Bürgersteige Berlins von den Scootern befreit werden sollen; unter anderem hat die Polizei dort bereits 38 Verkehrsunfälle registriert.

Urbaner Raum und Aneignung

#Besetzen will sich Ende September Berlin zurückholen

Auf dem Twitter-Account der BesetzenBerlin, einer losen Gruppe von Hausbesetzern, welche in Bezug zum Hashtag #besetzen stehen, wurde am 14. August eine Pressemitteilung veröffentlicht. So sollen im Rahmen der Aktionstage „Tu mal wat!“ vom 26. – 29. September verschiedene Häuser besetzt werden. Unter dem Motto „Stadt von Unten“ setzen sich die Aktivisten dafür ein, die Bedürfnisse der ansässigen Menschen, sowie eine grössere Mitbestimmung im Zusammenhang mit der Stadtgestaltung in den Vordergrund zu stellen.

Raumkontrolle

Kameras in U-Bahn-Wägen Stockholms: Ein Segen für alle?

The Local informiert: Die Bahnsteige werden bereits überwacht, was zu einer Einbusse von Kriminalität geführt habe, so Regionalverkehrsrat Kristoffer Tamsons. Nun sollen in den 271 Stockholmer U-Bahn-Wägen Kameras installiert werden, damit auch Vergehen innerhalb der Waggons auf frischer Tat erfasst werden können. Bei Bedarf helfen die Kameras, welche mit dem Sicherheitszentrum des öffentlichen Nahverkehrs in Stockholm verbunden sind, auch den Fahrgästen.

Normalerweise müssen öffentliche Verkehrsbetriebe in Schweden eine Genehmigung beantragen, um Kameras in öffentlich zugänglichen Bereichen zu installieren. Das Stockholmer U-Bahn-Netz bildet da jedoch eine Ausnahme.

Wo ist Steve ? Betroffene des fatalen Abends packen aus

In der nah am Atlantik gelegenen französischen Stadt Nantes führte ein umstrittener Polizeieinsatz während der Fete de la musique zu medialer Aufmerksamkeit. Das Fest der Musik ist eine Veranstaltung, an welcher in ganz Frankreich bis spät in die Nacht musiziert und gefeiert wird. Doch dieses Jahr sollte ein dunkles Ereignis den sonst so lebensfrohen Verlauf beschatten. Am Rande des stark fliessenden Flusses Loire feierten junge Menschen zu elektronischen Beats, als die Polizei ohne Vorwarnung entscheidet die Feier zu beenden. Im Nachfolgenden wurden dem Verein Media’Son zufolge 33 Tränengas- und 10 Dispersionsgranaten sowie 33 Schüsse mit Flashballs/LBD (Gummigeschosse, welche seit dem Beginn der Gilets Jaunes-Bewegung eingesetzt und zu 14 verlorenen Augen führten) verwendet.

Absolut unvorbereitet auf diesen überproportionierten Gewaltakt von Seiten der Polizei führte dies zu einer Massenpanik mit fatalen Folgen. Die Zeitung Le Journal du Dimanche erhielt Einblicke in 148 Aussagen von Betroffenen und schildert die Eindrücke des fatalen Abends, an dem 14 Personen in die Loire fielen. Darunter Steve Maia Canico, welcher in den Strömen des Flusses ertrunken ist. So wird die Situation als äusserst chaotisch beschrieben: Menschen, welche zuvor schliefen, wachten in einem Nebel von Tränengas auf, während von überall her Schreie ertönten.

Die französische Polizei gerät damit immer mehr in Kritik, da bereits während der Bewegung der Gilets Jaunes ein extrem hohes Mass an Polizeigewalt festgestellt wurde. Kontrovers: Die IGPDN, die französische Kontroll- bzw. Aufsichtsbehörde für Polizeikräfte, sehr effektiv bei der Verfolgung von Beamten welche zum Beispiel Material stehlen oder den Ruf der Polizei beschmutzen, scheint jedoch auf der anderen Seite nicht in der Lage zu sein, Polizeigewalt zu erkennen.

Stadt und Umwelt

Blue City Projekt als Aushängeschild für Rotterdams Nachhaltigkeitsplan

Das BlueCity-Projekt in Rotterdam zielt auf die Wiederverwertung von Abfällen ab. Ein ehemaliges Wellness-Luxus-Spa in der Stadt Rotterdam wurde in ein riesiges High-Tech-Labor für Abfallrecycling umgewandelt. Ingenieure, Biowissenschaftler, Züchter, Brauer, Archäologen, Caterer, Zimmerleute, Geschichtenerzähler und Designer sind hier unter einem Dach untergebracht, um ein Ökosystem zu schaffen, das Ressourcen teilt und Abfälle in einem Versuch „kreisförmiger Wirtschaft“ wiederverwendet. Kunststoff und Metall werden zerkleinert und mit Hilfe von 3D-Druckern als brandneue Produkte wiedergeboren. Würmer kompostieren den gesamten organischen Abfall in BlueCity. Dieses Projekt zielt darauf ab, eines der größten Probleme unseres Jahrhunderts zu lösen, nämlich die enorme Menge an Kunststoffabfällen, die die Menschheit produziert. Weltweit werden nur weniger als 10% davon recycelt. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, dass es nicht nur Künstler gibt, die auf dieses Thema aufmerksam machen, sondern auch die Gemeinden beginnen zu handeln. Rotterdam plant, bis zum Jahr 2050 eine Führungsrolle in der kreisförmigen Wirtschaftsbewegung einzunehmen. Und es gibt noch mehr gute Nachrichten: Rotterdam ist nicht die einzige Stadt mit kreisförmigen Innovationszentren in Europa. Es gibt De Ceuvel in Amsterdam, CRCLR in Berlin, SPACE10 in Kopenhagen oder Sustainable Workspaces in London.

In eigener Sache – Journalismus

Frankreichs Journalismus in der Krise ?

Die französische Verwertungsgesellschaft für das Urheberrecht von Autoren, die SCAM hat zu Anfang des Jahres 3771 Journalisten zu ihrer Situation und Meinung über ihr Berufsbild befragt. In dem daraus entstandenen Papier mit dem Titel: Journalisten – Autoren oder Zulieferer von Inhalten? wurden dabei mehrere eklatante Probleme festgestellt. In unserem Artikel: Ist die Pressefreiheit in Gefahr? hatten wir uns bereits diese Frage gestellt. Mit dem Bericht der SCAM wird das Problem jedoch auf mehreren Ebenen deutlich.

Der Bericht hebt dabei hervor, dass vor allem die Arbeitsbedingungen und Prekarität ein zentrales Problem darstellen. Die Arbeitswelt eines französischen Journalisten hat sich dabei die letzten Jahre stark verändert. Wo einst Festanstellung gang und gäbe waren, ist es nun das Freelance. Der Vorteil für die Arbeitgeber: Keine Sozialabgaben sowie zusätzliche Vergütungen wie das 13. Gehalt. Für Journalisten jedoch heißt dies allzu oft aus finanziellen Gründen Nebenjobs einzugehen. Besonders schlimm trifft es dabei Frauen, welche weniger Gehalt bekommen und oft von Posten zu Posten geschoben werden.

Aber auch das allgemeine Berufsimage ist ein großer Punkt der Unzufriedenheit. Dies kann dabei die Prekarität sein, welche im Gegensatz steht zum prestigereichen Bild des Journalisten, aber auch im Fall der Freelancer, der Sachverhalt, das in den Mediensitzen die Inhalte zurecht geschnitten werden und dabei wichtige Videosequenzen herausgenommen werden.

Unsere Presserevue ist in Französisch und Englisch verfügbar.

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Europa: Europan 15 – Im Zeichen der produktiven Stadt

Europa: Europan 15 – Im Zeichen der produktiven Stadt

Das Logo der Europan

Die Europan 15 feierte 2019 ihren dreißigsten Geburtstag. Und mit Ihr, die zeitgenössische Architektur Europas. Der europäische Wettbewerb für junge Architekten unter vierzig Jahren will die Stadt neu denken und gemeinschaftliche Lösungsansätze fördern. Über ein Netzwerk von 250 Städten und 20 Ländern in Europa werden jedes Jahr Flächen und Gelder für innovative Projekte freigegeben. Das diesjährige Leitthema: Die produktive Stadt 2.0.

Damit wiederholt die Europan die Vorgabe von der 14. Edition (2017) und reiht sich in die Bemühen ein, der Stadtentwicklung in seiner Komplexität und gesellschaftlichen Bedeutung gerecht zu werden.

Die Architektur und Quartiere mit der Stadt als Ganzes in Einklang zu bringen und dabei ressourcenschonend vorzugehen, ist eine Herausforderung, der sich die Architekten stellen. Übergangsprozesse spielen dabei genauso eine Rolle wie der ökologischer Häuserbau.

Die Produktive Stadt – eine Kreislaufwirtschaft

In diesem Zusammenhang sollen sich die Bewerber Gedanken zur Syngerie zwischen der Stadt und produktiven Orten machen. Dies kann mit der Neunutzung von Zwischenräumen zwischen Wohnen und Produktion geschehen und beinhaltet Restflächen oder brachliegende urbane Strukturen.

Im Sinne einer Kreislaufwirtschaft sollen Ressourcen dem Kreislauf durch Recycling oder Aufarbeitung wieder zurückgeführt werden. Vorhandenes Material soll dabei im Sinne der Sharing Economy effektiver genutzt werden. Als konkrete Beispiele kann man Car-Sharing-Angebote sowie Werkzeugverleih-Dienste nennen.

Ganz im Sinne der Open Innovation öffnen sich Unternehmen bei der Produktentwicklung einem breiteren Spektrum und ziehen ihre Nutzer mit ein. Das können diese auf lokal-politischer Ebene mit Open Source basisdemokratischen Bürgerplattformen durchführen, wie z.B. Decidim in Barcelona. Darüber hinaus werden dadurch die Mitbestimmung und der Zusammenhalt in der Gesellschaft gestärkt.

Die Beziehung von Funktion und Nutzung und die Stadt als Ökosystem stellen dabei einen Teil der sozialen Überlegungen dar. Das Zusammenspiel von Alt und Neu, den Bürgern und ihrer Umgebung liegen im Blickpunkt der Europan. Die produktive Stadt möchte sich dabei von der dualistischen Sichtweise losgelöst sehen und betrachtet die Stadt von Morgen als einen Ort der Synergien.

Ressourcen, Mobilität und Fairness

Gemeinschaftliche Lösungsansätze: Die Schwerpunkte sind dabei um drei Hauptthematiken gelegt: Ressourcen, Mobilität und Fairness.
Ressourcen: Im Zusammenhang von Effizienz, Verbrauch und Verschmutzung geht es um die Frage, wie mit diesen umgegangen wird und diese verteilt werden.
Nähe im urbanen Raum schaffen, Distanzen zu verkleinern und barrierefreie Orte der produktiven Stadt, sind dabei die gesetzten Ziele um eine größere Mobilität zu ermöglichen. Die Fairness stellt sich der Problemstellung, wie räumliche Gleichheit zur sozialen Gerechtigkeit beitragen kann und beide verbunden werden können. Die Harmonie zwischen urbanen und ländlichen Gebieten, sowie arm und reich, stehen dabei im Fokus.

Die Europan 2019 reiht sich damit zum 15-mal in die progressiven Recherchen nach nachhaltigen Raumansätzen ein und denkt die Stadt von Morgen.

Raumunterteilungen

Die zu entwickelnden Flächen werden wiederum in drei verschiedene Raumgrößen unterteilt: XL, L, S

Die Größe XL bezeichnet den breitesten Handlungsraum, welcher auch Räume zwischen Städten betreffen kann und das Verhältnis Stadt-Land beinhaltet. Es gilt die Beziehungen verschiedener Kreisläufe auf regionaler Ebene zu untersuchen.
Die Größe L betrifft Stadtteile, wobei sich die Gedanken hauptsächlich um städtische Quartiere drehen. Diese sind Flächen, welche sich natürlich von ihrer Umgebung hervorheben.
Die Mikroebene S befasst sich mit den Eingriffen, welche am schnellsten zu verwirklichen sind und ebenso nur temporär wirken.

Die Teilnehmer der diesmaligen EUROPAN

In Zentral-Europa sind ehemalige Industriestädte bei den Europan-Teilnehmern beliebt.

In Frankreich ist Marseille mit seinen maroden Vierteln vorne mit dabei. Und während mit Romainville und Champigny-sur-Marne zwei Banlieues im Pariser Raum teilnehmen, ist mit Auby eine Kleinstadt von 7600 Einwohnern gewählt worden, die zugleich größter Zinkproduzent im Land ist. Auby liegt im strukturschwachen Norden von Frankreich. Und auch das französischsprachige Charlerois in Belgien reiht sich in die ehemals stark industrialisierten Städte ein, die diese Raumentwicklungen begrüßen.

In Deutschland nehmen neben Selb ( Oberfranken) die Städte aus dem Bergischen Land: Hilden, Ratingen, Solingen und Wülfrath gemeinsam teil, um eine „Bergische Siedlung“ zu entwerfen. Dabei werden sowohl Ackerflächen, als auch alte Industriegelände bebaut. Das Besondere: Alle Größen der Raumunterteilungen sind in diesem Projekt vertreten.

Update (18.02.2020, Oliver): Die Gewinner unter den Teilnehmer für die deutschen Standorte lassen sich auf der offiziellen Website einsehen. Neben der Namen sind dort auch die Tafeln mit detaillierten Bebauungsplänen hinterlegt. Für den Standort Selb finden sich die Ergebnisse hier und für den Standort Bergische Kooperation hier.

Von der Kooperation „Zwischen Rhein und Wupper“ wurden die Städte mit ehemals starker Textil- und Metallindustrie nicht umsonst zur Verfügung gestellt. Im Rahmen eines ihrer Pilotprojekte werden zukunftsweisende Quartiersentwicklungen unterstützt. Und die ausgewählten Bereiche liegen in einer Zone, die für den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht gezogen wird.

Der europäische Wettbewerb für junge Architekten ist nicht ohne Grund ein Vorreiter der neuen Architektur. Die Stadt von Morgen denken. Dies hat die produktive Stadt wie kein anderes Konzept integriert: Wohnen und Arbeiten in einer gesunden Umgebung. Aber auch die Wahl der Standorte ist gut durchdacht. Durch die Revitalisierung alter Industriestandorte wird ein echter Mehrwert geschaffen. Heute die Architektur der Zukunft bauen: Das ist die Europan

Artikel und Symbolfotos aus Saint Ouen: Vincent – Fotos von Solingen bereitgestellt durch die Europan Deutschland

Dieser Artikel wurde am 18.02.2020 von Oliver aktualisiert / Update
Dieser Artikel wurde am 01.04.2020 von Vincent aktualisiert / Layout

Von Dublins Miethaien und einem Sommer der Hausbesetzungen

Von Dublins Miethaien und einem Sommer der Hausbesetzungen

Irland. Ein Sommer der Hausbesetzungen in Dublin. Leerstand, teure Mieten und „Slumlords“ treiben immer mehr Menschen in die Wohnungslosigkeit. Vor allem Dublin ist betroffen. Diesen Sommer begannen verschiedene Graswurzel-Initiativen sich zu wehren und auf die Missstände hinzuweisen. Der Hintergrund zu Dublin’s Sommer der Hausbesetzungen:

Wiliam Murphy, Fotograf aus Dublin, lebte 1979 in San Jose, Kalifornien, als er an einem Wochenende San Franscico besuchte und zum ersten Mal in seinem Leben, Obdachlosigkeit auf den Straßen erlebte.

Für Ihn – schockierend und ungewöhnlich, denn 1970 war es in Irland üblich, dass der irische Staat Menschen ein Dach über den Kopf gewährleistete. Viele Kollegen von ihm lebten in Cremlin, Bellyfermon und Cabra. Dies sollte sich jedoch ändern, als der Staat den Bau und die Instandhaltung von Sozialwohnungen an den privaten Sektor abgab.

Portobello, Dublin 2, Richmondstreet South- Eine Gegend mit vielen verfallenden Häusern. Manche von Ihnen werden vorübergehend genutzt. Im Bild ein Hof in dem Foodmarkets veranstaltet  sowie Außenwände Graffiti-Sprühern zur Verfügung gestellt werden. (Photo by: William Murphy / CC BY-SA 2.0)

Nach seiner Rückkehr nach Dublin begann ihm ab 2007 die steigende Zahl Menschen, welche im Zentrum vor der Ladenzeilen schliefen, aufzufallen. In seinem professionellen Umfeld stieß er dabei auf taube Ohren, da ihm seine Arbeitskollegen entweder nicht glaubten, oder behaupteten es wären Drogensüchtige. Doch seitdem hat sich das Problem verschärft, bis hin zu einem Stand, an dem es nicht mehr möglich ist das Problem der Obdachlosigkeit herunter zureden.
Dank seiner Auslandserfahrung stellt Murphy Parallelen zur Wohnsituation zwischen San Franscico und Dublin fest. Denn beide Städte seien seiner
Meinung nach für normale Menschen nicht erschwinglich. Unter anderem da sich nur Angestellte der Hightech-Sparte Neubauwohungen leisten können.
Das derzeitige Obdachlosigkeitsproblem hinterlässt bei ihm einen bitteren Nachgeschmack. Vor allem da er vor fünf Jahren selbst von einer Hypothekenzahlung betroffen war und kämpfen musste, seine Schulden abzuzbezahlen. Murphy archiviert mit seiner Kamera die Straßen des heutigen Dublins.

Als ich Anfang Juli diesen Jahres in Dublin war, erfassten drei Sachstände meine Aufmerksamkeit: Zum Einen die vielen Touristen und Sprachstudenten, welches ein ausgelassenes Leben, zwischen Englisch-Lernen und Bar Hopping führten. Und zum Anderen die hohe Zahl an Obdach- und Wohnungslosen, welche in einem Gegensatz zur riesigen Anzahl, leerstehender und verbarrikadierter Häuser standen.

Leerstand soweit das Auge reicht – Ardee Street, Dublin 8. (Photo by William Murphy / CC BY-SA 2.0)

Laut der Wohltätigkeitsorganisation Focus Irland sowie staatlichen Erhebungen, lag 2014 die Zahl der Obdachlosen Menschen in Irland knapp unter 4.000. So stieg sie innerhalb von vier Jahren auf fast 10.000 an. Betroffen sind Einzelpersonen und Familien in privaten Mietverhältnissen.  Im Oktober suchten 1700 Familien eine Notunterkunft auf, darunter 3725 Kinder.

Doch die Dunkelziffer liegt sehr wahrscheinlich wesentlich höher, da viele Personen durch das soziale Netzwerk von Freunden und Bekannten aufgefangen werden ( – Couch surfing). Diese werden jedoch nicht in den Statistiken erfasst.

Die Wohnungsnot hat sich seit der Wirtschaftskrise in 2008 stetig verschlimmert. Unter anderem zwecks der legislativen Entscheidung Gelder für  Sozialwohnungen zwischen der Krise und 2014, um 72 % zu kürzen und auf Private Vermieter zu setzen. So fiel das Budget von 1,34 Milliarden auf 390 Millionen.

Keine Wohnungen trotz grassierendem Leerstand

Poster-Aktion des Irish Housing Networks (Photo by: Irish Housing Network)

2015 erstellte der Dublin Inquierer eine erste unvollständige Karte leerstehender Gebäude. Diese weist bereits eine Anzahl von 389 vermerkten Einheiten auf.

Der Leerstand ist leicht zu erkennen – zwischen  den verbarrikadierten Fenstern, verfallenden Fassaden und hohen Absperrungen. Als im darauf folgendem Jahr die Housing Agency einen Bericht zum Leerstand veröffentlichte, in dem für Dublin 38.000 leerstehende Objekte verzeichnet waren. Seitdem verringerte sich die Zahl dem TheGuardian zufolge auf 30.000 leerstehende Objekte für 2018. Dennoch wuchs die Obdachlosenszahl

Doch die betroffenen Bürger geben sich nicht geschlagen und beginnen mit kreativen Methoden auf den Missstand hinzuweisen. So zum Beispiel das Irish Housing Network (IHN), einem Dachverein von 14 Graswurzel-Initiativen welche sich für bezahlbaren und lebenswürdigen Wohnraum einsetzen. Im Sommer riefen sie dazu auf, in ganz Irland Leerstand mit gelben Plakaten zu markieren. Auf gelbem Hintergrund darauf zu sehen, die Umrisse einer Familie unter einem Dach und dem Schriftzug: „Schande über dich – Dies könnte ein Zuhause sein“.

Das Problem der leerstehenden Gebäude, welche entweder in einem sehr schlechtem Zustand sind und seit Jahren auf eine Neuentwicklung warten oder aus spekulativen Gründen ungenutzt bleiben, prägen die städtische Landschaft. Dublin mit seinen hohen Mieten ist lukrativ für Immobilienhaie, welche durch den Leerstand die Preise in die Höhe treiben lassen.

Anbieter wie AirBnB nehmen ebenso den Iren Wohnraum weg, da sich die Eigentümer neben einer hohen Gewinnspanne, nicht an das klassische Mietrecht halten müssen.  Vor allem Dublin, als Universitäts – und Sprachschulenstadt ist davon betroffen. Doch die von InsideAirBnB gelisteten 1300 Ferienwohnungen sowie 1100 Zimmer sind nur die Spitze des Eisberges.

In den Fängen der irischen „Marchands de sommeil“

Besonders schlimme Landlords sind im Sprachgebrauch unter dem Begriff Slumlords verpöhnt. Sie sind die irische Version der französischen „Marchands de sommeil“ (Schlaf-Händler). Diese Miethaie vermieten Zimmer mit sechs bis acht Betten für bis zu 450  Euros  pro Kopf. Meistens betrifft dies Menschen in prekären Situationen, welche nicht die Möglichkeit besitzen, sich zu wehren. Diese überfüllten Schlaf-Unterkünfte werden nicht von den Slumlords instand gehalten. Brandschutzmängel und Schimmel an den Wänden gehören zum Alltag.

Wer in solch einem dubiosen  Mietverhältnis landet, bekommt selten das vorgeschriebene Mietbuch ausgehändigt. In diesem müssen die Personalien des Eigentümers vermerkt sein, sowie eine Auflistung der vergangenen Mietpreise aufweisen. Es soll Mieter vor Willkür schützen, doch mangels einer rigorosen Umsetzung, wird diese Vorschrift in vielen Fällen missachtet. Die Betroffenen befinden sich dabei in einer Zwickmühle, da sie auf eine Unterkunft angewiesen sind und nicht immer die Möglichkeiten haben, ihre Recht geltend machen zu lassen.

Eine kleine Twitter-Umfrage der Dublin Central Housing Action welche sich für Menschen in Wohnungsnot einsetzt und Teil der TBYCDUblin-Bewegung („Take Back Your City Dublin“) ist, ergab das von 650 Befragten ganze 87 % kein Mietbuch erhalten hatten:

Slumlords und Miethaien entschlossen gegenübertreten

Slumleaks ein Kollektiv von Betroffenen hat sich unter dem Motif: „Exposing Irish Slumlords“ zusammengeschlossen und berichtet regelmäßig über Schikanen, Gewaltandrohungen und Vertreibungsaktionen durch gewissenlose Slumlords. Der Fall Paul Howard Tenant#1 gibt Einblicke in den Alltag des Miethaies Paul Howard:

Die sechs Mieter am Mountjoy Square in Dublin 1, befanden sich Ende letztens Jahres plötzlich auf der Straße, als sie sich am 13. Dezember aus ihrer Wohnung ausgeschlossen vorfanden. Der Eigentümer hatte das Schloss der Haustür ausgewechselt und ihre ganzen Habseligkeiten in Plastiktüten auf die Straße gestellt. Zuvor waren sie gegen ihren Vermieter vor Gericht gegangen. Der Zustand der Wohnung, mit einem kaputten Fenster und Schimmel an den Wänden, sowie die willkürliche Mieterhöhungen von 650 auf 750 Euros, war unerträglich geworden. Die im Winter stattgefundende Vertreibung, stuft Slumleaks als illegal ein.

So schilderte einer der Betroffenen von Mountjoy Square gegenüber Slumleaks folgendes über die Zahlung der Miete: „Jeden Monat sammeln wir unsere Miete ein und Paul Howard oder einer seiner Freunde kommt vorbei, um sie einzusammeln – Insgesamt 4200 € in bar. Manchmal verlangt er auch, dass wir die Miete direkt zu seinem Waschsalon in die Talbot Street 60 bringen.“

Dublins Antwort auf die Krise: #besetzen

„Homes not Hostels“ – Direct Action um auf Wohnmissstand aufmerksam zu machen. (Photo by: Opendemocracy)

Die Aktivisten der Graswurzel-Bewegungen bedienen sich Direct-Action-Methoden, um auf den Missstand aufmerksam zu machen. So gehören Plakatier und Banner-Aktionen, genauso wie regelmäßige Essensausgaben und temporäre Besetzungen zum Inventar der fest entschlossenen Aktivisten. Direct-Action, welches auch als Synonym für zivilen Ungehorsam verstanden werden kann, beschreibt die Möglichkeiten durch pazifistische Ansätze auf gesellschaftliche Probleme hinzuweisen und Debatten anzustoßen. Wie im Fall vom „Take Trinity Back“, einem Studentenprotest der im März ausbrach:

Die Leitung des Trinity Colleges hatte beabsichtigt, zusätzliche Kosten von 450 Euros für das Wiederholen von Prüfungen einzuführen. Daraufhin protestierten die Studierenden und besetzten die historische „Dinning Hall“ für drei Tage. Als die Besetzung aufgelöst wurde, kamen 1000 Studenten und bejubelten ihren Kommilitonen zu. Die Universitätsleitung schlug einen versöhnlichen Ton an und ließ von seinem Vorhaben hab. Die Besetzung des Universitätsgebäudes wirkte wie ein erster Windstoß, der sich auf die Straßen von Dublin ausbreiten sollte. Der Frühling war zu Ende, doch brodelte es bereits an anderen Ecken…

Dublin’s Beginn eines Sommers der Hausbesetzungen

Mai. Ein paar Blocks vom Mountjoy Square entfernt: Die Bewohner von fünf Häusern in der Summerhill Parade 33-39, Dublin 1, werden aus ihren Zimmern vertrieben. Diese welche sich mit bis zu zwanzig anderen Personen die Unterkunft pro Reihenhaus teilten und zu einem großen Anteil brasilianischer Herkunft sind, waren im Gespräch mit der Irish Times nicht in der Lage den Eigentümer der Häuser zu nennen. Die Bewohner wurden von verschiedenen Graswurzel-Initiativen unterstützt, darunter die „Dublin Central Housing Action“,“Take back Trinity“, „Brazilian Left Front“ und vier weiteren lokalen Bewegungen.

7. August – Aus Protest beginnen die Gruppen Summerhill Parade 35 zu besetzen und mit Ständen vor den Häusern auf auf die lokalen Wohnprobleme aufmerksam zu machen.

Bereits seit Monaten organisierte die Dublin Central Housing Action eine Facebook-Kampagne gegen Pat’ODonnel. Dieser und seinem Investement-Fond, der „Co Ltd Retirement and Death Benefit Plan“ – einer Pensionskasse von 67 Mitgliedern.  Gegenüber der Irish Times verneinte ein Sprecher Anfang August, dass den ODonnels die Grundstücke in der Summerhill Parade gehörten. Jedoch reichte Pat’ODonnel Mitte August, im Namen seines Pensionsfonds Klage gegenüber den Besetzern ein.

Im Video wird die Hausbesetzung offiziell verkündet. In einem Abschnitt fordert ein Aktivisten das Vorkaufsrecht der Stadt ein:

„Genug ist Genug.
Pat O’Donnel soll nicht weiter diese Häuser besitzen.
Mietpreissteigerungen, Räumungen, schlechte Wohnbedingungen, Menschen die in überfüllten Häusern auf Stockbetten untergebracht sind, die in Hostels und Hotels oder auf der Straße übernachten. Wir hören jeden Tag von Jemandem der von diesen Umständen betroffen ist.
Doch es gibt keinen wirklichen und bedeutungsvollen, politischen Willen die Wohnkrise anzugehen. Unsere Forderung ist es, dass die Immobilien von Pat’Odonnel an der Summerhil Parade von der Stadt gekauft werden und der lokalen Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden.“

Den Worten wird kein Gehör geschenkt und zehn Tage später verlassen die Aktivisten in einem Demonstrationszug das Gebäude.

17. August – Das Gericht hatte die Räumung entschieden. 750 Meter und einige Straßenabbiegungen weiter, ziehen die Aktivisten der TBYC-Dublin   in einem Demonstrationszug daraufhin in ein leerstehendes Haus an der Frederick Street North 34. Dieses gehört einer Versicherungsfirma und steht seit drei Jahren leer.

25. August – Anlässlich des Besuches von Papst Franziskus in Dublin, rufen die Aktivisten einen Aktionssamstag aus, an dem das Haus ausschließlich von Frauen und Kindern besetzt ist. Dies verstehen die Aktivisten als Erinnerungsaktion, da in den Magdalenen-Wäschereien bis ins späte 20. Jahrhundert Alleinerziehende und ihre Zöglinge Zwangsarbeit verrichten mussten. Ein Volks-Trauma wofür sich der irische Staat erst in  2013 bei über 10.000 Personen entschuldigte.

Nach 25 Tagen – Die Räumung vor der Tür

11. September – Zwei Wochen zuvor hatte das Gericht abermals zu Gunsten der Landlords entschieden, doch das Haus blieb weiterhin besetzt. Immer mehr Menschen unterstützen die TBYCDublin. Als an einem Dienstag Abend gegen sieben Uhr  ein Sprinter ohne vorderes Nummernschild auftaucht. Vermummte Person treten aus dem Wagen und versuchen sich Einlass zum Haus zu verschaffen. Diese „privaten Sicherheitsleute“ werden später von der Gardai, der lokalen Polizei, abgelöst.

Fünf der Aktivisten werden auf rabiater Weise auf das Polizeirevier an der Store Street gebracht. Angaben der Zeitung Thejournal zufolge, welche ausführlich über die Räumung berichtete, kamen bis zu 100 Demonstranten vor dem Haus zusammen. Später verlegte sich die Demonstration vor das Polizeirevier, woraufhin drei der Aktivisten freigelassen wurden. Das Hausprojekt jedoch wurde beendet.

Aus Solidarität mit der TBYCDublin kam es in ganz Irland zu Hausbesetzungen, wie zum Beispiel in Waterford, wo Aktivisten eine 24-Stunden Besetzung eines leerstehenden Gebäudes der Stadt abhielten.

München: Die Neue Pinakothek schließt bis 2027

München: Die Neue Pinakothek schließt bis 2027

Die neue Pinakothek in München, eine emblematische Institution der süddeutschen Landeshauptstadt, schloss zu Beginn des Jahres seine Türen. Das Museum, in welchem man Werke von Vincent van Gogh, Gustav Klimt und Goya sehen konnte, benötigt dringend eine Renovierung.

So tropft bei starkem Regen Wasser durch das Dach, während die Wände mit Asbest, einem schadstoffhaltigen Werksmittel zur früheren Dämmung, versetzt sind. Und auch die Technik zur Lüftung und Klimatisierung der Räume sei dem Bayerischen Rundfunk zufolge veraltet, weswegen das Gebäude über 2025 hinaus geschlossen bleiben wird. Zum aktuellen Stand wird mit 2027 gerechnet. Die Finanzierung der Baukosten in Höhe von 220 Millionen Euro wurde vom bayerischen Landtag genehmigt.

Neue Pinakothek München: großer Besucherstrom und eine würdige Abschlussführung

Eine riesige Schlange an Menschen wartet am 30. Dezember vor dem Eingang der Neuen Pinakothek, um die Sammlung ein letztes Mal in ihrer ganzen Pracht zu sehen. (Urbanauth / VGO / München / 2019)

Um allen Kultur-Interessierten die Chance zu geben, sich von den Meisterwerken aus dem 19. Jahrhundert zu verabschieden, war der Eintritt vom 17. bis zum 30. Dezember frei. Dies führte zu einem riesigen Besucherstrom, welcher sich bereits um 11 Uhr morgens bis in die Barerstraße ausbreitete. Dieser verlagerte sich dann zum Teil auf die alte Pinakothek und den anderen Kulturräumen im Museumsviertel.

Der fürs Erste letzte Tag der Neuen Pinakothek wurde mit einer groß organisierten Abschiedsführung beendet. So gab zum Beispiel der Generaldirektor Professor Doktor Bernhard Maaz Einführung mit Skulpturen und Klassizismus bis Rodin, während die Kunstvermittlerin Doktor Alina Langer unter dem Motto „Unter der Sonne des Südens. Vincent van Gogh“, Interessierten die Möglichkeit gab, etwas über den Expressionismus zu erfahren.

Doch auf die wichtigsten Werke der Sammlung der Neuen Pinakothek muss nicht vollständig verzichtet werden. So werden einige Werke in der Sammlung Schack sowie im Ostflügel der Alten Pinakothek dem Publikum erhalten bleiben. Die anderen Werke werden voraussichtlich in anderen Museen der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ausgestellt.

Dieser Artikel ist in Englisch und Französisch verfügbar.

Der Artikel wurde am 28.07.19 aktualisiert. (Eröffnungsjahr und Finanzierung, Quelle SZ)

Die Gilets-Jaunes in Paris am 1. Dezember 2018

Die Gilets-Jaunes in Paris am 1. Dezember 2018

Der 1. Dezember 2018 wird der französischen Bevölkerung lange in Erinnerung bleiben. Inmitten des dritten Aktes der Gelbwesten-Bewegung, kam es in ganz Frankreich zu schweren Unruhen. Von zerstörten Mautstellen auf der Autobahn zu einer angezündeten Gendarmerie und der kurzzeitigen Übernahme des Arc de Triomphe. Überall in Frankreich brachen an diesem Tag heftige Aufstände aus.

Urbanauth hat die Gelbwesten Bewegung vom 1. Dezember 2018 bis zum 1. Mai 2019 während einem halben Jahr dokumentiert und fotografisch festgehalten. Die Dokumentationsarbeit fand in Paris statt. Dieser Artikel gibt einen Rückblick auf den 1. Dezember 2018, als es in ganz Frankreich zu schweren urbanen Unruhen kam.

Foto: Urbanauth (CC-BY-NC-3.0 / Urbanauth / VG / Paris / 2018)

Der 1. Dezember 2018 als Paris unter den Gilets Jaunes brannte: In allen großen Ballungsräumen Frankreichs, insbesondere in Paris, brachen zeitgleich schwere Unruhen aus. Vor allem das 8. und 9. Arrondissement waren zeitweise gänzlich in der Hand der Protestierenden.

1. Dezember 2018: Zum dritten Akt der Gilets Jaunes Bewegung urbane Unruhen in ganz Frankreich

Erste 1. Dezember 2018 Gilets Jaunes Bewegung in Paris. Eine schwarze Silhoeutte steht vor einer brennenden Barrikade. Urbanauth 2018

Am Stärksten betroffen: die Hauptstadt. Die schockierenden Bilder vom Arc de Triomphe im 17. Bezirk, gingen um die Welt. Als Paris brannte…

Und der Bahnhof Saint Lazare sogar kurzzeitig drohte in die Hände der Gilets Jaunes zu fallen.

Paris unter den Gilets Jaunes am 1.Dezember 2018 war im Ausnahmezustand! Doch nicht nur dort fand der Aufstand der Gilets Jaunes statt.

Hunderte Kilometer entfernt wurde zur selben Zeit die Mautstelle La Croix-du-Sud sowie das anliegende Kommissariat der Gendarmerie der südlich-gelegenen Kleinstadt Narbonne in Brand gesteckt.

Doch auch in der Stadt Puys-en-Velay im Departement Auvergnes Rhônes-Alpes kam es zu außergewöhnlichen Unruhen. In dieser Kommune mit einem Einzugsgebiet von 75.000 Einwohnern wurde die Präfektur belagert und schlussendlich teilweise in Brand gesetzt. 70 Menschen wurden verletzt, davon vier Demonstranten schwer, sowie 18 Polizeibeamte.

Ankunft an Madeleine und erster Kontakt mit der Gilets Jaunes Bewegung

Am stärksten wüteten diese urbane Unruhen in der Hauptstadt Frankreichs. Der 1. Dezember 2018 legte die Weichen für die nächsten turbulenten Monate. In den schönen Vierteln des 9. und 17. Arrondissement fanden dabei an diesem Tag die stärksten Unruhen statt. Die Bilder des Arc-de-Triomphe in den Händen der Gelb-Westen brannte sich dabei besonders stark ins kollektive Gedächtnis ein.

Dieser zu Zeiten von Napoleon erbaute Triumphbogen, wurde für einen Tag zum Schauplatz von Straßenschlachten zwischen den Ordnungskräften und Gilets Jaunes. Zwischen Barrikaden und Sachbeschädigungen wurde dabei eines durch sein Wortspiel besonders bekannt: „Les Gilets-Jaunes triompheront“ / „Die Gelb-Westen werden siegen“. Dennoch befanden sich an den Wänden des Monumentes ein weiteres, weniger beachtetes Tagg. Doch nichtsdestotrotz von Bedeutung: „Justice pour Adama“.

2016 starb Adama Traoré in Beaumont-sur-Oise nach einer Polizeikontrolle an seinem 24. Geburtstag durch Erstickung. Seitdem kämpft das Kollektiv Verité pour Adama dafür, dass die zu dem Zeitpunkt anwesenden Polizisten angeklagt werden. Der Kampf von Asa Traoré, der Schwester des Verstorbenen hat inzwischen internationale Bekanntheit erlangt.

Die Gelbwesten-Bewegung nicht rechtsextremen Gruppierungen überlassen: Durch die Mobilisierung der „Quartiers Populaires“ mit den Gilets Jaunes durch das Kollektiv, nahm die Sozialbewegung an diesem Tag einen zusätzlichem Schwung.

Mein erster Eindruck der Gilets Jaunes in Paris: „C’est bordélique (- Es ist chaotisch)

Die Gilets Jaunes liefern sich Straßenschlachten auf dem Boulevard de Malesherbes

Für mich war dieser Tag der Beginn einer halbjährigen Fotographischen Dokumentationsarbeit über die Gilets Jaunes Bewegung in Frankreich und dem Fokus auf Paris.

Es ist ein grauer Nachmittag in der Hauptstadt von Frankreich. Durch Zufall besuche ich meinen ersten französischen Demonstrationsprotest.

Der 1. Dezember 2018, als Paris brannte.

Unter den Pflastersteinen der Strand„: Der 1.Dezember 2018. Die Gilets Jaunes in Paris und ein Relikt der 68er

Paris: Der Boulevard Haussmann brennt. Barrikaden blockieren die Straßen.

Polizeigewalt gegenüber den Gilets Jaunes am 1. Dezember 2018 in Paris und Frankreich

Während der Sozialbewegung der Gilets Jaunes in Frankreich wurden viele Demonstranten, Polizeibeamte, aber auch Passanten verletzt. Doch die Anzahl der Kollateralschäden am 1.Dezember 2018 übertraff alles bisher Gekannte. Ob verletzte Demonstranten, Polizisten oder unschuldigen Beteiligten, von Paris bis nach Marseille. Die sozialen Medien wie Twitter und Facebook halfen dabei eine Vielzahl an Vorfällen bekannt zu machen.

Das Ausmaß der Polizeigewalt wurde dem unabhängigen Journalisten David Dufresne schnell klar. Schockiert von den Geschehnissen beginnt er ein Rechercheprojekt. Mit „Allô Place Beauveau“ archivierte er die Polizeigewalt auf den sozialen Medien während der Sozialbewegung der Gilets Jaunes.

Für den 1. Dezember belegte er 64 weitere Fälle in den verschiedensten Städten Frankreichs.

Polizeigewalt an Gilets Jaunes: Der Vorfall in einem Fast-Food Restaurant

Darunter ein sehr gewalttätiges Video in einem Burger-King Restaurant. Es ist nach Anbruch der Dunkelheit. Die Unruhen seit dem Vormittag voll in Gang. Ein paar Demonstranten suchen Zuflucht in einem Fast-Food Restaurant. Das folgende Video enthält gewalttätige Szenen und wurde Urbanauth zur Verfügung gestellt.

Der Journalist Nicolas Mercier filmt die Szene für sein Medium Hors Zone Press von der Straße aus. Die Anwesenden bekommen Hiebe mit Schlagstöcken und werden übel zugerichtet. Späteren Berichten zufolge wurden die Demonstranten anschließend von am Eingang stehenden Beamten geschlagen.

Nicolas Mercier selbst wird in seinen Aufnahmen von einem Polizeibeamten aufgefordert den Bereich zu verlassen. Nachdem er sich als Journalist zu erkennen gibt und darauf besteht seiner beruflichen Pflicht nachzugehen, bekommt er einen Fußtritt ab.

Der Angriff auf die Pressefreiheit in Form von Einschüchterungen und Gewaltanwendugen durch Polizeibeamte an Journalisten hat während der Gilet Jaunes Bewegung zugenommen.

Gelbes Chaos auf den Straßen. (CC-BY-NC-3.0 / Urbanauth / VG / Paris / 2018)

In unserem Artikel „Paris: Ist die Pressefreiheit in Gefahr?“ gingen wir dieser Frage nach. Dies geschah im Anschluss der Geschehnisse vom 18. Akt der Gilets Jaunes im März an der Place de la République. Während diesem wurde der unabhängige Videojournalist Gaspard Glanz von einer Tränengasgranate getroffen und landete anschließend in der Gefangenensammelstelle.

Ein ähnliches Schicksal erlitt sein Kollege Alexis Kraland. Ihm wurde sein Foto-Equipment beschlagnahmt und er landete ebenfalls kurzzeitig in Haft.

Kurz nach Anbruch der Nacht. Eine Polizeieinheit schützt eine Bank in der Straße, die an den Bahnhof Saint-Lazare angrenzt. Auf der anderen Seite: die teuren Kaufhäuser Le Printemps und Lafayette (CC-BY-NC-3.0 / Urbanauth / VG / Paris / 2018)

Zineb Redouane, das erste Todesopfer der Gilets Jaunes Bewegung

Ungeklärt wird der Tod einer 80-Jährigen Dame in Marseille bleiben. Als Außenstehende hatte sie nicht an der Demonstration teilgenommen. Während die Stimmung in der Straße immer hitziger wurde, war sie bei sich daheim und telefonierte mit ihrer Tochter. Beim Versuch ihre Fensterläden ihrer Wohnung im vierten Stock zu schließen, bekam sie ein verirrtes Tränengasgeschoss ins Gesicht. Mit schweren Brandverletzungen wurde sie ins Krankenhaus eingeliefert, verstarb jedoch wenige Tage danach an ihren Verletzungen. Doch als offizielle Todesursache wurde nur der operative Schock vermerkt.

Einem am 20. Mai 2020 veröffentlichteter Ballistikbericht befreit die Beamten von jeglicher Schuldzuweisung. Den vertraulichen Bericht konnten Journalisten von LeMonde und LeParisien einsehen.

Quellenangaben:
1. Der Angriff auf die Mautstelle La Croix du Sud/ Narbonne 1. Video / 2. Video
2. Der Angriff auf die Präfektur von Puys-en-Velay 1. Quelle / 2. Video
3. Der Angriff auf den Arc de Triomphe CLPress & Tags
4. Einsatz von Tränengas und LBD40 am 1. Dezember Liberation
5. Der Tod von Zineb Redouane Le Mediapresse
6. Zahlen zu den Verletzten von David Dufresne / Allô place Beauveau

Der Artikel wurde zum ersten Mal am 1. Dezember 2020 veröffentlicht. Da diese Geschehnisse vergangen sind, erlauben wir uns den Artikel zurückzudatieren (auf den 1. Dezember 2018)

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